Zielgruppenorientiertes Design

 

Design ist Geschmackssache. Die entscheidende Frage lautet: Wessen Geschmack?

Als ich vor einigen Jahren anfing, mich für die angewandten Künste zu interessieren, faszinierte mich der Gedanke, dass man als Gestalter der Welt seinen ganz persönlichen Stempel aufdrücken kann. Plakate, Kleidungsetiketten und die Teeverpackungen im DM ließen mich dabei stets fragen: Entspricht dieses Layout meinem eigenen Geschmack oder hätte ich eine andere Umsetzung gewagt? Als ich mein Kommunikationsdesign Studium begann, war ich entsprechend vor den Kopf gestoßen, als ich mit dem Ausdruck "Zielgruppen orientiertes Design" konfrontiert wurde. Gestalterisches Können war auf einmal nicht mehr das Ziel, sondern lediglich Grundvoraussetzung, um ein guter Designer zu werden. Denn: Ein Designer, der sich nicht dafür interessiert, wie seine Kreation bei den Menschen ankommt, der ist kein Designer, sondern Künstler.

Tatsächlich sollte mein Studium geprägt sein von unzähligen Zielgruppen Analysen. Welche Medien und Social Media Kanäle nutzt diese oder jene Gruppe? Worauf legt sie wert? Auf welche Farben springt sie an? Welche Sprache spricht sie? Emojis: ja oder nein? ... Mein eigener Geschmack verschwand in diesem Prozess natürlich nicht, doch er wurde zugunsten der jeweils passenden Gestaltung zweitrangig.

Wie wichtig diese Entwicklung war, wurde mir in meinen beruflichen Anfängen vor Augen geführt. Ich wirkte damals an der Gestaltung eines Heftes mit, das sehbehinderten und lerneingeschränkten Menschen politische Bildung näher bringen sollte. Die praktische Gestaltung umfasste die Verwendung von extra großer Schrift und die Umsetzung von kindlich anmutenden Grafiken. Mir gefiel das Layout nicht. Es war weder besonders minimalistisch noch besonders verspielt. Mein Typografie begeistertes Herz brach geradezu bei dem Anblick der gigantischen Zeilenabstände. Der springende Punkt war jedoch: das letztendliche Feedback einer Test-Lesergruppe war durchweg positiv. Dankbar wurde betont, dass die Texte gut lesbar seien und dass politische Zusammenhänge durch die Grafiken tatsächlich greifbarer gemacht wurden. Das Printprodukt hatte seine Zielgruppe zu 100% erreicht.
Eine ähnlich positive Erinnerung habe ich an eine Anzeige, die ich vor einigen Jahren in der Bielefelder Innenstadt entdeckt hatte. Ein großes Unternehmen war offensichtlich auf der Suche nach Programmierern gewesen und hatte dies in Form eines Plakats in Programmiersprache kundgetan. Ich verstand zwar kein Wort, das musste ich aber auch nicht. Die Zielgruppe war erreicht und höchstwahrscheinlich interessiert.

Markenkommunikation ist heutzutage allgegenwärtig. Schon lange stehen dabei nicht mehr klassische Werbespots im Fokus. Großflächige Außenwerbung, Marketing Events im öffentlichen Raum, Google Ads, Social Media und Influencer sorgen dafür, dass uns Werbung jederzeit umgibt. Diese regelrechte Reizüberflutung führt dazu, dass potenzielle Kunden jeder Marke nur einen Bruchteil ihrer Aufmerksamkeit schenken können. Damit Werbemaßnahmen dennoch effektiv ankommen, müssen Marken davon absehen, jeden erreichen zu wollen. Es bedarf viel mehr der Definierung und bewussten Kontaktierung einer bestimmten Zielgruppe. Nur so können Inhalte verständlich kommuniziert und gewünschte Emotionen bewusst angeregt werden. Gutes Design fragt danach, was die Zielgruppe bewegt und antreibt. Wie sie sich ausdrückt und welchen Medien sie sich aussetzt. Lassen Sie uns also nicht über Geschmack reden, sondern über die Menschen, die Sie erreichen wollen. Der Rest wird sich ergeben.


Autorin des Beitrags

 
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Daria ist seit 2019 als Kommunikationsdesignerin für HafenRaum tätig. Sie ist maßgeblich an den Markenentwicklungen unserer Kunden beteiligt und verantwortet die visuelle Umsetzung eines Corporate Designs sowie sämtliche Kommunikationsmaterialien im Print und Web.

 

 
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Die Kraft der Bewegtbilder